Strukturierte Informationssammlung: Datenerfassung in der Pflege
In der stationären und ambulanten Betreuung ist die Pflegedokumentation verpflichtend. Dafür gibt es zwar keine einheitliche Regelung, jedoch muss überall da, wo Pflegeleistungen erbracht werden, auch eine Dokumentation erfolgen. Nicht schriftlich festgehalten, gilt sie als nicht erbracht. Die strukturierte Informationssammlung (kurz: SIS) ist dabei ein wichtiger Bestandteil des Strukturmodells zur vereinfachten Pflegedokumentation. Mit dem Ziel der Entbürokratisierung werden unterschiedliche Konzepte in den Pflegeeinrichtungen angewandt, das eingeführte Strukturmodell soll die Vorgänge praxisnah erleichtern.
Die Pflegedokumentation gehört zum Arbeitsalltag einer jeden Pflegekraft, die strukturierte Informationssammlung muss für jeden Patienten angelegt werden. Im Folgenden erfahren Sie alles über die strukturierte Informationssammlung, die unterschiedlichen Konzepte und wie die SIS angelegt ist.
Vier Elemente der strukturierten Informationssammlung
Während der gesamten Betreuung muss die strukturierte Informationssammlung geführt werden. Sie erfasst neben den patientenbezogenen Daten auch die Bedürfnisse und individuellen Besonderheiten der Bewohner. Bei jedem Gespräch muss sie angelegt werden. Dadurch entstehen Einheitlichkeit und Routinen für Pflegepersonal und Pflegeperson. Der immer gleiche Aufbau der strukturierten Informationssammlung hilft dabei, den gesamten Prozess der Patientendokumentation zu vereinfachen und zu entbürokratisieren. Vier Elemente stehen dabei im Vordergrund.
Datenerfassung
Dieser Teil beinhaltet personenbezogene Daten wie:
- Name
- Geburtsdatum
- Name der Pflegeperson
- Unterschrift der Pflegeperson
Betreuer oder Angehörige können dabei anwesend sein, ihre Unterschrift ist dafür jedoch nicht erforderlich. Auch die pflegebedürftige Person muss die Aufzeichnung nicht signieren.
Kommunikation mit der pflegebedürftigen Person
Hierbei geht es vor allem darum, bestimmte Situation aus der subjektiven Sicht des Patienten aufzunehmen. Dabei sind vor allem die kommunikativen Fähigkeiten – zuhören und auf den Betroffenen eingehen – gefragt. Bei der Aufnahme des Gespräches in die strukturierte Informationssammlung muss der Inhalt originalgetreu wiedergegeben werden. Für Interpretationen und Wertungen ist kein Spielraum.
Erfassung des Hilfebedarfes
Durch die genaue Beobachtung der pflegebedürftigen Person können Maßnahmen und Hilfestellungen abgeleitet werden. Die Themen und Module ähneln dabei denen, die bei der Begutachtung zur Pflegebedürftigkeit angewandt werden:
- Kognitive Fähigkeiten und Kommunikation
- Mobilität
- Selbstversorgung
- Soziale Beziehungen
- Haushaltsführung bei ambulanter Pflege, Wohnen und Häuslichkeit bei stationärer Betreuung
- Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen
Fachliche Einschätzung der Risiken
An dieser Stelle der strukturierten Informationssammlung kommen die Fachkenntnisse des Pflegepersonals zum Einsatz. Dazu wird eine Einordnung möglich auftretender Pflege-Risiken nach Expertenstandards vorgenommen. Die Beurteilung muss innerhalb von 24 Stunden nach dem Gespräch erfolgen und umfasst folgende Bereiche:
- Schmerzassessment
- Ernährungsverhalten
- Inkontinenz
- Dekubitus
- Sturzgefahr
Die strukturierte Informationssammlung im Strukturmodell
In den Pflegeeinrichtungen wird mit unterschiedlichen Konzepten gearbeitet, die verschiedene Inhalte aufweisen. Während das ABEDL-Konzept von Krohwinkel mehr eine Anleitung für alle Pflegekräfte darstellt, fordert das Strukturmodell vor allem die Kommunikation. Der gesamte Pflegeprozess wird mit dem Betroffenen, den Angehörigen und dem Pflegepersonal gemeinsam geplant. Dabei ist vor allem das Fachwissen entscheidend, um Verbesserungen zu erreichen.
Durch die Arbeit mit dem Strukturmodell verringert sich die Bürokratie. Es werden nur noch die Informationen festgehalten, die abweichende Ereignisse und Leistungen dokumentieren. Die besprochene Grundpflege wird nicht bei jeder Datenerfassung erneut erwähnt. Um eine Einheitlichkeit zu gewähren, sind beim Strukturmodell vorgefertigte und standardisierte Datenblätter auszufüllen, allerdings in einer erheblich geringeren Anzahl als bei anderen Pflegekonzepten.
Die strukturierte Informationssammlung ist eines von vier Stufen im Strukturmodell. Ihr wird eine hohe Relevanz zugemessen. Der gesamte Aufbau der Pflegedokumentation im Strukturmodell sieht wie folgt aus:
- Strukturierte Informationssammlung (SIS): Einschätzung des Pflegebedarfs wird anhand eines Fragebogens mit allen am Prozess beteiligten Personen vorgenommen.
- Maßnahmenplan: Individuelle Festlegung der pflegerischen Maßnahmen.
- Berichteblatt: In der Ausführung aller Maßnahmen werden nur noch Abweichungen und tagesaktuelle Vorkommnisse dokumentiert. Alles, was auf der strukturierten Informationssammlung beruht, wird nicht noch einmal erwähnt.
- Auswertung: Aus den drei vorangegangenen Elementen lässt sich detailliert ableiten, welche Erfolge erzielt wurden und an welchen Stellen noch Optimierungen nötig sind.
Fallbeispiel: So funktioniert die strukturierte Informationssammlung
Das Strukturmodell greift bereits mit der Erstaufnahme des pflegebedürftigen Patienten. Hier wird ein Gespräch geführt, um sich gegenseitig kennenzulernen, aber auch, um Bedürfnisse, Probleme und Wünsche des Betroffenen zu erfahren. Anschließend werden individuell zugeschnittene Maßnahmen ergriffen, Veränderungen dokumentiert und evaluiert. Müssen Veränderungen umgesetzt werden, beginnt der Kreislauf erneut. Zu Beginn steht dann wieder die strukturierte Informationssammlung.
Es gibt ein Formular für die strukturierte Informationssammlung, das als Vorlage gewertet werden kann. Darin werden alle Inhalte verfasst. Die strukturierte Informationssammlung kann papiergestützt oder in einer digitalen Pflegesoftware geführt werden. Es gibt jedoch im Strukturmodell keine vorgefertigten Beispiele. Alles wird an der persönlichen Situation des Patienten festgemacht. Wir versuchen, Ihnen dennoch den Prozess bildhaft zu verdeutlichen.
Ausgangssituation
Frau X ist 87 Jahre alt, lebt allein und wird von ihrem berufstätigen Sohn und dessen Frau betreut. Zunehmend stellen sich Verschlechterungen in der allgemeinen Motorik ein, das Sprechen fällt schwer und auch die Nahrungsaufnahme funktioniert nicht einwandfrei. Ihre Mobilität wird durch einen Rollator unterstützt. Krankengymnastik und unterstützende Therapien werden ebenfalls zu Hause durchgeführt. Sie hat sich nach vielen Gesprächen für eine Heimunterbringung entschieden, um ihrer Familie nicht weiter zur Last zu fallen und eine zeitunabhängige Pflege zu erhalten.
Erstaufnahmegespräch
An diesem Punkt startet die strukturierte Informationssammlung. Der Sohn begleitet Frau X in die Einrichtung und unterstützt die Gesprächsführung. Dabei schildert er, dass nach dem Tod seines Vaters seine Mutter in das Haus des Sohnes zog und nach einer Krankheit vor zwei Jahren sich der Allgemeinzustand zusehend verschlechterte. Der Sohn und seine Frau sind voll berufstätig, dadurch ist tagsüber niemand zu Hause, um sich um die Mutter zu kümmern. Weiterhin trat ein Schlaganfall auf, der Beeinträchtigungen in der Bewegung und der Sprache nach sich zog. Die Nahrungsaufnahme fällt schwer. So hat die Familie den gemeinsamen Entschluss gefällt, die Mutter in die Obhut einer Pflegeeinrichtung zu geben.
- Im Formular werden folgende Informationen hinterlegt:
- Name der pflegebedürftigen Person
- Art des Gespräches: Erstgespräch oder Folgegespräch
- Datum des Gespräches
- Name des Angehörigen
- Kürzel der Pflegekraft
Im Erstgespräch erzählt auch Frau X von ihren aktuellen Lebensumständen, die sich mit denen decken, die bereits der Sohn angeführt hat. Weiterhin führt sie detailliert aus, in welchen Bereichen sie Unterstützung benötigt. Sie berichtet mit Stolz, dass sie früher einer regelmäßigen Arbeit nachging, ihren Sohn erzogen hat. Als Familie reisten sie viel. Nach dem Tod ihres Mannes gab sie in ihrer Heimat Stuttgart alles auf und zog zu ihrem Sohn nach Köln. Ihre Krankheit und ihr Schlaganfall führten dazu, dass sich ihr Sohn stärker um sie kümmern musste. Die Arbeit und die häusliche Pflege waren immer schwerer miteinander zu vereinbaren, weshalb sich die Familie zu dem Umzug in die Pflegeeinrichtung entschloss.
- Im Formular werden folgende Informationen hinterlegt:
- Antworten auf offene Fragen: Was bewegt Sie im Augenblick? Was brauchen Sie? Was können wir für Sie tun?
- Antworten müssen im Originalton festgehalten werden.
- Mit den Informationen kommt der eigene Wunsch nach Selbstbestimmung zum Ausdruck.
- Bei kognitiv eingeschränkten Personen kann das Gespräch von einem Angehörigen geführt werden.
- Informationen müssen wertungsfrei dokumentiert werden.
Fachliche Einschätzung der Situation
An dieser Stelle ist das Erstgespräch mit Frau X beendet und die zuständige Pflegekraft muss die Informationen auswerten. Die situationsgerechte Erfassung und Beschreibung des IST-Zustandes ist wichtig für die Festlegung des Pflegebedarfes. Es werden die individuellen Bedürfnisse in unterschiedlichen Bereichen erfasst. Nur so kann ein passgenauer Hilfebedarf in Form von Maßnahmen festgelegt werden.
- Im Formular werden folgende Informationen hinterlegt:
- Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
- Frau X fällt es schwer, Tabletten zu schlucken und an die Wirkung zu glauben. à Daher ist eine Umstellung auf die flüssige Verabreichung möglich.
- Frau X bewegt sich mit einem Rollator sicher vorwärts und kann die meisten Orte ohne Hilfestellung erreichen. à Zusätzliche Krankengymnastik soll die Selbstständigkeit fördern.
- Selbstversorgung
- Grundpflege allein durchzuführen, fällt Frau X schwer, weswegen sie diese häufig vernachlässigt. à Hilfestellung durch das Pflegepersonal beim Waschen und der Körperpflege.
- Durch die körperlichen Einschränkungen kann es passieren, dass Frau X einnässt. à Hilfestellung durch das Pflegepersonal beim Toilettengang und Verschreibung von Inkontinenzmaterial.
- Soziale Beziehungen
- Frau X vermisst ihre alte Heimat, hat in Köln nie Anschluss gefunden. à Integration von Frau X in die Tagesstruktur des Heimes bei Mahlzeiten, Aktivitäten und Feierlichkeiten, regelmäßige Besuche ihrer Familie forcieren.
- Wohnen und Häuslichkeit
- Frau X hat geliebte Möbelstücke in ihrer Wohnung, die eine gewisse Sicherheit bieten: ein Sessel zum Ausruhen, Bilder oder persönliche Dinge. à Damit sich Frau X häuslich einrichten kann, sollen diese Dinge in ihrem Wohnbereich weiterhin Bestand haben.
- Frau X hat einseitige Einschränkungen durch den Schlaganfall. à Das Pflegebett muss so aufgestellt werden, dass sie über die gesunde Seite ein- und aussteigen kann.
- Risikoeinschätzung
- Das Pflegepersonal muss sich hier ein genaues Bild über Risiken machen, die im Pflegealltag auftreten können.
- Dazu gehören das Sturzrisiko, Schmerzassessment, Dekubitusrisiko, Inkontinenz und das Ernährungsverhalten.
- Die Beobachtungen entstehen im Laufe der Betreuungszeit und können regelmäßig ergänzt werden.
- Krankheitsbezogene Anforderungen und Belastungen
Die strukturierte Informationssammlung in der Maßnahmenplanung
Mit den Daten kann nun die Pflegeplanung beginnen. Auch hier müssen alle Maßnahmen schriftlich fixiert, dokumentiert und anschließend umgesetzt werden. Die Planung wird wie folgt aufgebaut:
- Tageszeit
- Beschreibung der Maßnahmen
- Benötigte Hilfsmittel
Muss Frau X zu bestimmten Uhrzeiten Medikamente einnehmen, werden ihr diese als Flüssigkeit zur Verfügung gestellt und die Einnahme beobachtet. Bestenfalls werden Medikamente direkt in die Hand von Frau X gelegt. Beobachtungen durch das Pflegepersonal erfolgen ebenfalls beim Essverhalten, bei den Toilettengängen und beim Trinkverhalten. An letzteres muss Frau X häufiger erinnert werden. Auch die regelmäßige Anwendung des Inkontinenzmaterials muss sich erst noch einspielen und erfolgt in der ersten Zeit nach Anweisung und unter Beobachtung. Frau X soll weiterhin zu bestimmten Uhrzeiten an den Heimaktivitäten teilnehmen – Mahlzeiten, Beschäftigungsangebote oder Feierlichkeiten –, um soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Erfolgen in der Umsetzung der Maßnahmen keine ungewöhnlichen Ereignisse oder Abweichungen, muss darüber kein Protokoll geführt werden.
Strukturmodell und strukturierte Informationssammlung im Pflegealltag
Durch die Vereinfachung der bürokratischen Maßnahmen wird eine Entbürokratisierung erreicht. Es werden nur noch Veränderungen schriftlich festgehalten. Die eingesparte Zeit kann dafür genutzt werden, sich fachlich um die Pflegebedürftigen zu kümmern.
Gleichzeitig ist die Strukturierung so gestaltet, dass sie dem Begutachtungsassessment des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse (MDK) ähnelt. Damit können nicht nur schnelle Änderungen der Pflegegrade erkannt werden, die Qualitätssicherung ist ebenfalls gegeben.
Standard Systeme hat für die strukturierte Informationssammlung und die Pflegedokumentation nach dem Strukturmodell eine Pflegesoftware für die stationäre und häusliche Pflege entwickelt, die sich an diesen Merkmalen orientiert. Dabei stehen Ihnen vorgefertigte Formulare zur Verfügung, die Sie nur noch in der Patientenakte anlegen müssen. Gern beraten wir Sie zu Ihren Möglichkeiten.
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